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17.Mai 2023 – 17.März 2024

Staub und Seide.
Alte Routen – neue Perspektiven entlang der Seidenstrassen

Völkerkundemuseum vPST

Ausstellungsplakat Staub & Seide
Ausstellungsplakat Multiverse

Die Ausstellung folgt den Spuren der Steppen- und Seiden­straßen durch die Zeit. Objekte aus den Sammlungen des Museums veranschaulichen historisch wichtige Epochen und Aspekte: archäologische Grabbeigaben aus der Tang-Zeit verweisen auf eine der Blütezeiten des Seidenstraßenhandels, Objekte aus dem 13./14. Jh. aus China und dem Iran auf die letzte Hochphase der Handelsrouten zur Zeit des mongolischen Großreiches. Textilien, Alltagsgegenstände und Fotografien vermitteln einen Eindruck Zentralasiens zur Zeit der wissen­schaftlichen Wiederentdeckung der „Seidenstraßen“ im 19./20. Jh.
Objekte unterschiedlicher Zeitebenen werden mit Erzählungen, Interviews, Videodokumentationen und künstlerischen Werken der Gegenwart in Beziehung gesetzt: rasante Entwicklungen treffen auf langsame Erzählungen und beleuchten so Verbin­dungen der „Neuen Seidenstraße“ und des „Steppenkorridors“ mit den historischen Routen. Einen besonderen Stellenwert nehmen in der Ausstellung Werke zeitgenössischer Künstlerin­nen und Künstler ein.
Die ergänzende Ausstellung multiverse (17.5.23 – 14.9.23) ist der Künstlerin Nomin Bold und dem Künstler Baatarzorig Batjargal gewidmet; beide zählen zu den herausragenden zeit­genössischen Künstlerpersönlichkeiten der Mongolei.
Die Ausstellungen erfolgen in Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Dispersed and Connected“ (FWF/PEEK AR 394-G24) gefördert durch den Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF).
Projektleitung & Kuration: Maria-Katharina Lang (Institut für Sozialanthropologie/ÖAW).
Konzept & Gestaltung: Maria-Katharina Lang & Christian Sturminger.

27.Juni 2022

ART & ANTHROPOLOGY.
Artistic–Scientific Collaboration between Mongolia and Austria

Venue: Gallery of Artists‘ Union (Ulaanbaatar)

„Time Link“, 2020 by Nomin Bold

Programm

11:00 – 11:10 Einführung

11:10 – 11:30 „Staub und Seide“: Ausstellungskonzeption, -gestaltung und -präsentation

Dr. Maria-Katharina Lang (OeAW), Mag. Christian Sturminger (Projektpartner und Ausstellungsgestalter, Wien) (Ausstellungen „Staub & Seide“ im Weltmuseum Wien und „Steppe & Seidenstraßen“ im MARKK in Hamburg)

11:30 – 11:45 Mongolisches Zurag-Programm an der Akademie der bildenden Künste Prof. S. Ganzam (Abteilung für traditionelle Kunst / Akademie der bildenden Künste)

11:45 – 12:00 Traditionelle Methode und Technik der Mineralfarben Prof. G. Amarsanaa (Fachbereich Traditionelle Kunst / Akademie der Bildenden Künste)

12:00 – 12:20 Visuelle Darstellung des buddhistischen Konzepts (Arbeitstitel)

Dr. Lhagvademchig Jadamba (Abteilung für Anthropologie und Archäologie / Nationale Universität der Mongolei)

12:20 – 12:45 Kaffeepause

12:45 – 13:45 Workshop mit Künstlern über zeitgenössische Kunst in der Mongolei und

künstlerisch-wissenschaftlicher Forschung (Baterdene Batchuluun, Nomin Bold, Khosbayar Narankhuu und Baatarzorig)

13:45 – 13:50 Schlussbemerkungen

14:00 Mittagessen für die Vortragenden

Kooperationspartner Österreichische Akademie der Wissenschaften, Nationale Universität der Mongolei, Akademie der bildenden Künste in Ulaanbaatar, Union der mongolischen Künstler Projektförderung Eurasia Pacific Uninet (EPU), FWF / PEEK-AR 394-G24

Dr. Tsetsentsolmon Baatarnaran (Abteilung für Anthropologie und Archäologie / Nationale Universität der Mongolei) & Dr. Maria-Katharina Lang (Institut für Sozialanthropologie / Österreichische Akademie der Wissenschaften)

17.Mai 2022​

Dispersés et connectés.
Collections muséales et art contemporain de la steppe et des Routes de la Soie

The auditorium of Musée Cernuschi

Der Vortrag gibt einen Einblick in das künstlerisch-wissenschaftliche Forschungsprojekt Dispersed and Connected und die Ausstellung Silk & Dust im Weltmuseum Wien.
Das Projekt sammelt und erforscht Erzählungen, Bilder und Imaginationen, Fragmente und künstlerische Ausdrucksformen entlang alter und neuer Steppen- und Seidenstraßen, die verstreute und verbundene Biografien, künstlerische Traditionen, Kulturdenkmäler und Erinnerungen verbinden. Diese Fragmente wurden in Projektausstellungen im Museum am Rothenbaum in Hamburg und im Weltmuseum Wien zusammengeführt.

Schnelle Transformationsprozesse durch den Bau neuer Straßen und Eisenbahnen wurden langsamen Erzählungen und Erinnerungen von Individuen sowie historischen Artefakten und zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten gegenübergestellt, die im Rahmen des Projekts entstanden. Zu den künstlerischen Werken gehören Gemälde, Fotografien, Videos, Filme, Lieder und Musik sowie Zeichnungen als unterschiedliche Erzählstränge. Museumsartefakte waren Bindeglieder oder Ausgangspunkte für diese Erzählformen, die die fragmentierten und doch miteinander verwobenen Seitenlinien und Verzweigungen bestehender und neuer Straßen zeigen.

28.–29. April 2022 ​

Symposium in context of the special exhibition Dust & Silk

Weltmuseum Wien
Heldenplatz, 1010 Wien

In Kooperation mit dem Forschungsprojekt Dispersed and Connected (FWF/PEEK AR 394-G24)
Projektleitung & Kuratorin: Maria-Katharina Lang (Institut für Sozialanthropologie / Österreichische Akademie der Wissenschaften)
Ausstellungskonzept & Gestaltung:
Maria-Katharina Lang & Christian Sturminger

Weltmuseum Wien, WMW Forum
und in der Sonderausstellung
Staub & Seide
Anmeldung: online registrieren
Eintritt frei (plus Museumseintritt)

Das Symposium bringt Wissenschaftler, Künstler, Museumsfachleute und Projektbeteiligte zusammen, die einerseits ausgewählte Aspekte und Objekte der Ausstellung näher beleuchten und andererseits durch ihre Beiträge vertiefen. Themen sind u.a. mongolische Kunst der Vergangenheit und Gegenwart, Infrastrukturprojekte in Zentralasien, zeitgenössische usbekische Kunst und Musik, ausgewählte Sammlerbiographien, Objektgeschichten und ein Vortrag von Michael Taussig über Notizbücher und Zeichnungen. Die Vorträge (in englischer Sprache) finden im Weltmuseum Forum und in der Ausstellung statt.

 
Tag 1 – Donnerstag, 28. April

Christina Franken (Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen (KAAK) / Deutsches Archäologisches Institut (DAI), Bonn)

Funde und Wissen zwischen Ost und West: Einige archäologische Belege für interkulturelle Beziehungen in Karabalgasun und Karakorum / Mongolei

Austausch und Mobilität sind seit jeher zentrale Bestandteile nomadischer Lebensformen, so auch im mittelalterlichen Zentralasien. Die langjährige archäologische Erforschung der nomadischen Stadtsiedlungen von Karabalgasun und Karakorum im Orkhon-Tal der Mongolei hat zahlreiche Hinweise auf weitreichende Beziehungen und Kontakte zwischen Ost und West erbracht. Die gegenseitige Beeinflussung zeigt sich sowohl im Fundmaterial als auch in der Gestaltung und Architektur der Stadtkomplexe.

Barbara Pönighaus-Matuella (Weltmuseum Wien)

Lost in Admiration – Die Regensburger Kasel „Schwarzes Gold“ aus dem 14. Jahrhundert mit den Augen einer Textilrestauratorin sehen

Barbara Pönighaus-Matuella gibt einen kurzen Überblick über die bisher veröffentlichten Erkenntnisse und versucht mit Hilfe von Rekonstruktionszeichnungen und Motivvergleichen eine Annäherung an das ursprüngliche Aussehen und die Aussage des kostbaren Stoffes.

Tsetsentsolmon Baatarnaran & Maria-Katharina Lang (Nationale Universität der Mongolei / Österreichische Akademie der Wissenschaften)

Connected to be Dispersed: Straßen- und Eisenbahnprojekte in der Mongolei

Straßen- und Eisenbahnprojekte in der Mongolei waren oft mit dem Bergbau und dem Transport von Bodenschätzen verbunden. Die Eisenbahngeschichte des 20. Jahrhunderts schuf positive Vorstellungen, die durch die sowjetische Modernisierung verändert wurden. Neue Narrative und Vorstellungen sind mit Straßen- und Eisenbahninfrastrukturen entstanden, die mit der Belt and Road Initiative (BRI) oder der „Neuen Seidenstraße“ in Verbindung gebracht werden. Einige der auf dem Papier geplanten Straßen wurden realisiert und an das internationale Netz der Verkehrs- und Handelswege angeschlossen. Abgesehen von den Auswirkungen auf die natürliche Umwelt, die durch den Bergbau und den Bau von Infrastrukturen verursacht werden, kann man in der Vergangenheit und heute vor allem beobachten, wie volle Güterwagen und Lastwagen die Mongolei verlassen, Ressourcen zerstreuen und leer zurückkehren, und wie sich die Last der Güter, die das Land durchqueren, erhöht.

Emilia Róża Sułek (University of Fribourg)

The Rough Side of Silk. Konnektivität und (De-)Reparatur auf Zentralasiens neuen Straßen.

Die Vorstellung von der (neuen) „Seidenstraße“, die durch die zentralasiatischen Steppen, Berge und Wüsten führt, beflügelt die Phantasie und schafft eine Verbindung zu einem mythischen goldenen Zeitalter friedlicher Handelsbeziehungen zwischen Ost und West. So wie die (alte) Seidenstraße die Erfindung eines Mannes war, in diesem Fall eines deutschen Geographen, Ferdinand von Richthofen, so sind auch die neuen Straßen, die im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) gebaut werden, größtenteils ein rhetorisches Mittel und ein (Selbst-)Marketinginstrument der chinesischen Regierungsbehörden. Die BRI wird als friedensstiftend, entwicklungsfördernd und wohlstandsfördernd dargestellt. Sie soll die Konnektivität und die Gleichstellung der Geschlechter verbessern und das gegenseitige Verständnis fördern. Aber kann eine Straße solch ehrgeizigen Zielen gerecht werden? Während sich die Medienberichterstattung auf baubezogene Ausgaben, (gebaute oder nur geplante) Straßenkilometer und Einweihungszeremonien konzentriert, zeigt diese Präsentation einige Phänomene, die erst sichtbar werden, wenn die Kameralichter erlöschen: die bodenständigere Seite dieser neuen Straßen und ihre alltäglichen Auswirkungen vor Ort.

Tsetsentsolmon Baatarnaran & Maria-Katharina Lang (Nationale Universität der Mongolei / Österreichische Akademie der Wissenschaften)

Zeitgenössische mongolische Kunst & Mongol Zurag (mongolische Malerei)

Der mongolische Malstil Mongol Zurag, der von zeitgenössischen Künstlern verwendet und neu interpretiert wird, enthält Elemente der buddhistischen Thangka-Malerei. Als spezifischer Stil wurde er in der Mitte des 20. Jahrhunderts während der kommunistischen Herrschaft in der Mongolei entwickelt und geprägt. Trotz der politischen Repressionen gegen den Buddhismus und die buddhistische Kunst in der Mongolei wurden die Techniken der Thangka-Malerei als Teil des mongolischen Zurag weiterhin gelehrt, wenn auch in einem offiziell säkularen, von der Sowjetunion definierten Rahmen an der School of Fine Arts in Ulaanbaatar. In dieser Präsentation zeichnen wir die Entstehung und den Wandel dieses Kunststils nach, der heute in den Werken zeitgenössischer Künstler wie Nomin Bold und Khosbayar Narankhuu, deren Bilder in der Ausstellung Dust & Silk zu sehen sind, in neuen Formen und Neuinterpretationen aufblüht.

Nomin Bold (Ulaanbaatar)

Artist Talk

Die Künstlerin Nomin Bold wird über ihr Gemälde Time Link und ihre künstlerische Arbeit in der Ausstellung Dust & Silk sprechen.

Daniele Ventola (Naples)

Windtraveller Travelogue

Der Sozialanthropologe Daniele Ventola wanderte 600 Tage lang auf der „Seidenstraße“, um den Kaukasus und Zentralasien zu Fuß zu erkunden. Die 7500 km lange Wanderung war ein kulturelles Projekt, das die Sinnlosigkeit von Grenzen und die universelle Natur des Menschen aufzeigen sollte. Daniele Ventola wird in der Ausstellung Dust & Silk über sein Projekt sprechen.

Michael T. Taussig (Columbia University, New York)

Logbooks of the Imagination: Auf dem Weg zu einer neuen Seidenstraße

Stellen Sie sich vor, ich bin ein Entdecker in fernen Ländern voller Fabel und Geheimnisse, die für Handel und Wissenschaft genutzt werden. Warum tue ich das? Wovor laufe ich weg? Oder wohin? Für wen schreibe und zeichne ich, wenn ich meine Erkundungen des Unbekannten in meinen Notiz- und Tagebüchern festhalte? Bringe ich meine Konventionen ins Wanken oder verstärke ich sie durch diese Begegnung mit dem Anderen und Fremden? Öffnet sich mein eigener Körper? Oder schließt er sich? Lassen Sie mich meine Tage- und Notizbücher und ihre Zeichnungen konsultieren, um diese Fragen zu beantworten (Michael Taussig)

 
Day 2 – Thursday, April 29th

Margareta Pavaloi (Völkerkundemuseum VPST, Heidelberg)

Victor Goldschmidt – Die Sammlung eines Gelehrten

Einige der in der Ausstellung „Dust & Silk“ gezeigten chinesischen Objekte sind Teil der ethnographischen Sammlungen, die Victor Goldschmidt für die von ihm 1919 gegründete von Portheim-Stiftung für Wissenschaft und Kunst zusammengetragen hat. Die Präsentation geht kurz auf die spezifischen Ziele und wissenschaftlichen Fragestellungen ein, die Goldschmidts Interesse an den Objekten leiteten. Beides ist von zentraler Bedeutung für Goldschmidts Sammlungskonzept und damit für die Geschichte der Objekte in den Sammlungen des Ethnographischen Museums der Stiftung.

Gabriele Anderl (Wien)

Provenance Unknown: Die Ostasien-Sammlung von Anton und Walter Exner

Anton Exner war der bekannteste Wiener Kunsthändler, der sich in der Zwischenkriegszeit auf Kunstgegenstände aus Ostasien spezialisiert hatte. Er und sein Sohn Walter Exner bauten auch die bedeutendste österreichische Privatsammlung von Objekten aus dieser Region auf. Der Großteil der Sammlung gelangte schließlich in zwei Wiener Museen: das Museum für angewandte Kunst (MAK) und das Weltmuseum Wien. Diese Sammlungen waren Gegenstand einer Provenienzforschung nach dem österreichischen Kunstrückgabegesetz. Ziel war es, Objekte zu identifizieren, die möglicherweise während oder infolge der NS-Herrschaft entzogen worden waren. Es wird vermutet, dass der Großteil der Sammlung bei Reisen von Anton und Walter Exner nach Asien erworben wurde und nur ein kleinerer Teil aus Ankäufen in westlichen Ländern stammt. Doch gerade dieser kleinere Teil wäre von besonderem Interesse gewesen, da problematische Erwerbungen während der NS-Zeit nicht auszuschließen waren, zumal Anton und Walter Exner fanatische Nationalsozialisten gewesen waren. Umgekehrt konnten alle Objekte, die sie nachweislich und direkt in Asien erworben hatten, als „unbedenklich“ im Sinne des Kunstrückgabegesetzes eingestuft werden. Doch dieses scheinbar einfache Schema erwies sich in der Praxis als wenig hilfreich, denn es gibt kein einziges Objekt mit eindeutiger Provenienzangabe. Außerdem hätte dieser Ansatz kaum Aufschluss über die Umstände gegeben, unter denen die Exners diese Artefakte in Asien erworben haben. Diese Fragen gewinnen jedoch in der zunehmenden Diskussion um den asiatischen Raum an Bedeutung.

Niklas Leverenz (Hamburg)

Fragmente des Gemäldes Die Schlacht von Qurman von 1760

In drei Kriegen zwischen 1755 und 1760 gelang es den chinesischen Truppen, ein Gebiet in Zentralasien zu unterwerfen, das große Teile der heutigen Autonomen Region Xinjiang-Uigurien umfasste. Der Qianlong-Kaiser (reg. 1736-95) verherrlichte seine Eroberungen an den nordwestlichen Grenzen der Qing-Dynastie (1644-1911), einer Region, die in Europa meist als Ostturkestan bezeichnet wird, mit verschiedenen Kunstwerken.
1760 ordnete der Qianlong-Kaiser die Anfertigung von 16 großformatigen Gemälden (jedes etwa 8 × 4 Meter) an, um seine Siege zu verherrlichen. Die Vorbereitungen hatten bereits während der Feldzüge begonnen, als Künstler an die Front geschickt wurden, um Skizzen der wichtigsten Ereignisse anzufertigen. Die 16 Schlachtengemälde wurden in Zusammenarbeit von Hofkünstlern und europäischen Missionskünstlern geschaffen. Kleinere Versionen dieser Gemälde wurden 1765 nach Paris geschickt, um sie in Kupfer zu stechen.
Von den 16 Gemälden sind nur drei Fragmente erhalten geblieben, alle von dem Gemälde Die Schlacht von Qurman, die am 3. Februar 1759 in der Nähe der Stadt Yarkand (am westlichen Ende des Tarimbeckens) stattfand.

Bettina Zorn (Weltmuseum Wien)

Die Schlachtenkupferstiche in der Sammlung des Weltmuseums Wien und ihre historische Einbettung

Im Laufe der Zeit werden immer mehr Details über historische und technische Fakten zu den Schlachtengravuren aus der Qianlong-Zeit (1736-1796) bekannt, so dass wir in der Lage sind, den Kontext zu rekonstruieren. Dennoch stellen Fragen zur Herkunft der Sammlung und zu technischen Details eine Herausforderung dar. In diesem Beitrag soll nachgezeichnet werden, was bisher bekannt ist.

Jana C. Reimer (Museum am Rothenbaum (MARKK), Hamburg)

What we know and what we don’t know: Indizieninformationen zu einer fragmentarischen Sammlung und ihrer fragmentarischen Geschichte

Das MARKK besitzt zwei Sammlungen, die das Nomadenleben in der Region Semipalatinsk, Kasachstan, im späten 19. Jahrhundert dokumentieren. Jahrhundert. 1906 verkaufte der Hamburger Völkerkundehändler J.F.G. Umlauff eine umfangreich ausgestattete Jurte als Anschauungsobjekt an das Museum, und 1908 wird eine Fotosammlung des St. Petersburger Ethnographen Samuil Dudin registriert. Es besteht kein Zusammenhang hinsichtlich ihrer genauen Herkunft und ihres Erwerbs, aber es ergibt sich ein zufälliger inhaltlicher Zusammenhang innerhalb der Sammlung. Beide Sammlungen dokumentieren in den Beständen des Museums eine frühe Periode der nomadischen Sachkultur in Zentralasien.

Sophia Abplanalp (Vienna)

Travelling Tiles – Ilkhanidische Lüsterfliesen aus dem Schrein des Imamzada Yahya in Varamin

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kamen europäische Reisende aus verschiedenen Gründen in den Iran, u. a. zur Aufnahme von Handelsbeziehungen, zu Forschungszwecken oder im Rahmen diplomatischer Missionen. Parallel dazu begannen sich die Europäer für historische Stätten im Iran zu interessieren, die als archäologisch bedeutsam galten, wie etwa die Ruinen von Samarra oder Ray. Dementsprechend erschienen in den europäischen Reiseberichten erste Berichte über die mittelalterliche iranische Lüster-Keramik. Seitdem werden die Lüsterfliesen im Westen wegen ihrer unverwechselbaren Ästhetik bewundert, die sie ihrer Lüsterglasur verdanken. Die Begeisterung für iranische Lüsterware begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und erreichte um die Jahrhundertwende ihren Höhepunkt, was eine große Nachfrage nach diesen Objekten zur Folge hatte. Der westliche Kunstmarkt und europäische Sammlungen islamischer Kunst deckten sich mit iranischer Lüsterware ein. So wurden Hunderte von Lüsterfliesen von den Wänden mittelalterlicher religiöser Gebäude im Iran, darunter Moscheen und Schreine, entfernt. Infolgedessen sind Lüsterfliesen aus dem ilkhanidischen Iran heute über die ganze Welt verstreut und in allen großen Museumssammlungen islamischer Kunst zu finden, darunter auch im MAK und im Weltmuseum in Wien. Die vielfältigen Handelswege der mittelalterlichen Lüsterfliesen sollen am Beispiel des Schreins des Imamzada Yahya in Veramin verdeutlicht werden, der zwischen den 1880er und 1930er Jahren seiner Lüsterfliesen beraubt wurde.

Tobias Mörike (Weltmuseum Wien)

Layered Vision: Zentralasiatische Architekturfragmente in europäischen Sammlungen

Moscheen, Schreine und Mausoleen in Zentralasien erfuhren ab dem Ende des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Veränderung. Archäologen und Reisende brachen einzelne Kacheln und Keramikfragmente auf, brachten sie nach Europa und stellten sie dort aus. Kunsthistoriker erstellten visuelle Dokumentationen, um die Gebäude zu katalogisieren und zu identifizieren, während Architekten und Restauratoren die architektonischen Stätten in Samarqand und Buchara renovierten. Der Vortrag zielt darauf ab, die Schichten der Intervention und Dokumentation zu kombinieren, um eine Geschichte des Wissens und der Repräsentation zu schaffen, indem er die europäischen Vorstellungen von der Seidenstraße als Verlagerung und Aneignung der zentralasiatischen Vergangenheiten herausarbeitet.

Barbara Karl (Bern, Wien)

Exchanges of Taste: Textilien und Machtkonzepte auf der maritimen „Seidenstraße“ um 1600 – Das spanische Kap

Neben den verschiedenen Seidenstraßen, über die Luxusgüter und Waren des täglichen Bedarfs innerhalb des eurasischen Kontinents gehandelt wurden, waren die Seehandelsrouten über den Indischen Ozean und darüber hinaus seit der Antike von Bedeutung. Dieser Beitrag konzentriert sich auf den Textilhandel zwischen Indien und der Iberischen Halbinsel um 1600. Zu den frühesten Geschenken und Beutestücken, die die Portugiesen im Indischen Ozean erhielten, gehörten bestickte Textilien aus Bengalen. Was als hochrangiges diplomatisches Geschenk und begehrte Beute begann, entwickelte sich in den portugiesischen Kolonien zu einem begehrten Handelsgut für den täglichen Gebrauch der Elite. Mitte des 16. Jahrhunderts waren bengalische Seidenstickereien zu exklusiven, exotischen Souvenirs für Europa geworden, wie die Präsenz dieser Textilien in adeligen Inventaren des späten 16. Jahrhunderts in verschiedenen Teilen Europas belegt. Sie gelangten nicht nur in die Haushalte der portugiesischen Oberschicht, sondern spielten auch eine Rolle im Netzwerk der dynastischen Schenkungen und landeten in den berühmten Sammlungen der Habsburger und der Medici-Fürsten. Wir werfen einen besonderen Blick auf ein Kleidungsstück, das in Bengalen für den iberischen Markt hergestellt wurde: den spanischen Umhang.

Alexey Ulko (Tashkent, Uzbekistan)

Censorship in Central Asian Contemporary Art in a Time of Hybrid War

Die zeitgenössische Kunstszene Zentralasiens hat verschiedene Zensurpraktiken aus der Sowjetunion sowie von konservativeren gesellschaftlichen Gruppen auf beiden Seiten des politischen Spektrums übernommen. In diesem Beitrag werde ich eine Reihe von aktuellen Beispielen für Zensur in verschiedenen kulturellen und nationalen Kontexten diskutieren, um die komplexen Beziehungen zwischen Künstler und Gesellschaft zu beleuchten. Ich werde diese Beziehungen im Kontext des gegenwärtigen hybriden Krieges interpretieren, der von vielen verschiedenen Akteuren sowohl global als auch lokal geführt wird.

Kerstin Klenke (Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften)

Sonic Statecrafting: The Near, the Far and the Impossible in Uzbekistani Estrada

Dieser Vortrag ist der Schnittstelle zwischen populärer Musik und staatlicher Politik in Usbekistan gewidmet. Ich befasse mich mit der bemerkenswerten Ära ab 2001, als die usbekische Regierung einen eher unwahrscheinlichen Kandidaten in die herausragende Position des Staatssounds beförderte: die Estrada, ein Genre der populären Musik und ein musikalisches Relikt des Sozialismus. Unter Präsident Islom Karimow wurden verschiedene staatliche Institutionen mit der Entwicklung und Kontrolle der estrada betraut, und die Schaffung der milliy estrada – der nationalen estrada – als klangliche Verkörperung der Ideologie der nationalen Unabhängigkeit wurde ganz oben auf die Agenda der Regierungspolitik gesetzt. Doch wie könnte und sollte die usbekische estrada angesichts ihres internationalistischen sowjetischen Erbes national werden? Um dieser Frage nachzugehen, werde ich auch die konventionelle Festtagsrhetorik von neu aufgelösten Grenzen, grenzenlosen Strömen und entfesselter Kreativität im postsowjetischen Kulturbereich unter die Lupe nehmen und fragen, ob die Welt für die usbekische estrada nach der Unabhängigkeit nicht tatsächlich kleiner geworden ist.

16. Dezember 2021 – 3. Mai 2022 ​

Staub & Seide

Ausstellung im Weltmuseum Wien
Heldenplatz, 1010 Wien

 

Die Ausstellung Staub & Seide. Steppen- und Seidenstraßen lädt zu einer vielschichtigen Spurensuche durch Geschichte und Gegenwart ein und fragt nach den Verbindungen der historischen Routen mit der „Neuen Seidenstraße“.
Weder damals noch heute handelt es sich um eine einzelne Straße oder nur um Seide als einziges Transportgut. Vielmehr war und ist es ein loses, sich veränderndes Geflecht aus Land- und Seerouten, das China mit Europa und anderen Weltgegenden verbindet.

Plakat von Johannes Heuer © project Dispersed & Connected

Der Begriff „Seidenstraßen“ wurde 1877 erstmals vom deutschen Geografen Ferdinand von Richthofen verwendet. Auf den Wegen durch die Steppen und Wüsten zwischen Asien und Europa bewegten sich neben Seide Güter wie Tee, Gold, Jade, Porzellan und Pferde. Aber auch Waffen, Musikinstrumente, Goldene Pfirsiche, „Wildäpfel“ und Gewürze sowie Ideen, Religionen, Kunst, Träume, Wissen, Krankheiten, Konflikte und Staub.
Auch heute geht es um Kontakte, Bewegung und Transport, wenn auch mit anderer Geschwindigkeit und neuen Waren. Großangelegte Infrastrukturprojekte prägen die Regionen der Steppen- und Seidenstraßen und fördern nicht nur Staub, sondern auch Rohstoffe an die Oberfläche. In Europa wird vielfach die Bezeichnung „Neue Seidenstraße“ für das von China geplante weltumspannende Infrastrukturnetz der „Belt & Road Initiative“ verwendet.
In der Ausstellung werden diese Bewegungen und die Beziehungen zwischen Asien und Europa nachvollzogen und neue Verbindungen zwischen Themen und Orten hergestellt. Die Exponate spiegeln dabei auch die Interessen der Reisenden, die sie nach Europa gebracht haben. Zu sehen sind über 200 historische Objekte, Kunstwerke und Fotografien, die in Gegenüberstellung mit aktuellen künstlerischen Perspektiven und rezenten Forschungsdokumentationen betrachtet werden. Zu den Exponaten zählen herausragende Sammlungsstücke des Weltmuseums Wien sowie zahlreiche Leihgaben aus nationalen und internationalen Museen und Sammlungen und Werke zeitgenössischer Künstler*innen.

 

Ausstellungskonzept & Gestaltung
Maria­-Katharina Lang & Christian Sturminger

Bodenkarte, Tischkarte & Filmmontage
Johannes Heuer

Künstlerische Beiträge
Umida Akhmedova, Baterdene Batchuluun, Nomin Bold, Johannes Heuer, Dilyara Kaipova, Paul Kolling, Khosbayar Narankhuu, Tatia Skhirtladze, Marylise Vigneau, Jack Wolf

Ausstellungsvideos
Maria­-Katharina Lang & Christian Sturminger

11. Dezember 2020 – 7. November 2021 ​

Seiden- und Steppenstrassen

Ausstellung im
MARKK Museum am Rothenbaum
Rothenbaumchaussee 64, 20148 Hamburg 

Foto: P.Schimweg / MARKK
February 13-14, 2020​

Fieldwork notebooks, maps, drawings and exhibitions

Workshop IV mit Prof. Michael Taussig (Columbia University)

Foto: Maria Katharina Lang